"Running Man" auf japanisch
Survival of the fiercest: Für diese Romanverfilmung lässt Japans Funsplatter-Ikone Noboru Iguchi ("The Machine Girl") eine Gruppe verzweifelter Durchschnittsbürger in einem perfiden Todesrennen gegen einander antreten.
Naoto (Yuki Yamada) ist ein mürrischer Jugendlicher, dem nicht nur seine Mitmenschen, sondern auch die eigene Familie am Allerwertesten vorbeigeht. Das ändert sich, als der misanthrope Einzelgänger via Videobotschaft darüber informiert wird, dass man seine Mutter entführt hat und er sie nur vor der Hinrichtung retten kann, wenn er an einer tödlichen Schnitzeljagd durch die Stadt teilnimmt und gewinnt. Beim vorgegebenen Startpunkt trifft Naoto auf zahlreiche Leidensgenossen, die ebenfalls für das Leben eines geliebten Menschen ins Rennen gehen und wie er eine Kopie des Romans "Live" von Yusuke Yamada zugeschickt bekommen haben, in dem Hinweise auf den Verlauf der Strecke und die zu lösenden Rätsel versteckt sind. Widerwillig schließt sich Naoto mit der hilfsbereiten Rumi (Ito Ono) und dem auffallend freundlichen Shinsuke (Yuki Morinaga) zusammen und muss erleben, dass der mysteriöse Strippenzieher als zusätzliche Bedrohung armbrustbewehrte Bikini-Assassininnen auf die Läufer angesetzt hat. Als noch gefährlicher erweisen sich mit zunehmender Renndauer jedoch die eigenen Mitkontrahenten – allen voran die psychisch labile Akari (Mari Iriki), die beim Entdecken des im "Hell Tower" versteckten Waffenarsenals ein Paar Kettensägenhandschuhe ergattert und in einen wahrhaftigen Blutrausch verfällt.
Dass der bisherige Autorentrashfilmer Noboru Iguchi bei seiner ersten Buchadaption gar nicht erst versucht, Yusuke Yamadas "Running Man"-artige Zukunftsvision in die filmische Tat umzusetzen, sondern den Roman "Live" zum filminternen Leitfaden eines kleiner angelegten Todesrennens macht, darf als smarte Low-Budget-Entscheidung gewertet werden. Wer sich allerdings als Vorlage das japanische Gegenstück zu "Die Tribute von Panem" aussucht, darf in Hinblick auf das heimische Massenpublikum auch nicht völlig unkontrolliert über die Stränge schlagen. Und so ist Iguchis augenzwinkernde "Battle Royale"-Epigone deutlich handzahmer geraten als berühmt-berüchtigte Vorgängerfilme wie "The Machine Girl", "Robo-geisha", "Mutant Girls Squad" oder "Zombie Ass", denen Iguchi seinen Nimbus als Vorzeigeregisseur für japanische "What the Fuck!?"-Spektakel verdankt. Trotzdem bietet auch der mit einem energiegeladenen Over-the-Top-Big-Band-Score von Yasuhiko Fukuda vorangetriebene "Raining Blood" eine Fülle entfesselter Iguchi-Momente – von stylisch inszenierten Blutfontänen über comichaft übersteigerte Catfights bis hin zu schwelgerischen Pantyshots, die einmal mehr veranschaulichen, dass der knuffige Splatter-Spaßvogel, der bei den Premieren seiner Filme häufig nur in einem Fundoshi-Lendenschurz auftritt, gelernter Erotikfilmer ist. Auf die Idee, eine Kamera auf den Sattel eines Damenfahrrads zu montieren, muss man erstmal kommen! Mit anderen Worten: ein extrem kurzweiliger Gruß aus dem Land der unbegrenzten Exploitationmöglichkeiten.
"Raining Blood" (Originaltitel: "Raivu") – Japan, 2014 (105 Min.)