XConfessions

Die Gedanken sind frei(zügig)

Pussy-Power: Auch im zweiten Teil ihrer prickelnden Kurzfilmreihe präsentiert die feministische Regisseurin Erika Lust ("Cabaret Desire") mit weiblichem Blick ein ästhetisches Potpourri pornographischer Phantasien. 

"Ich will nicht, dass meine Töchter später traditionelle Erwachsenenfilme sehen, in denen die Frau das Objekt ist, dessen einzige Aufgabe es ist, dem Mann zu seiner Befriedigung zu verhelfen." Wer Interviews mit der in Barcelona lebenden Schwedin Erika Hallqvist oder ihr programmatisches Buch "X – Porno für Frauen" (Heyne) liest, bekommt den feministischen Antrieb erläutert, der hinter ihrem Engagement in der männerdominierten Porno-Industrie steckt. Bereits ihr erster Indie-Kurzfilm "The Good Girl" (2004) machte deutlich, dass es der unter dem Künstlernamen Erika Lust arbeitenden Regisseurin nicht darum geht, dem akrobatisch-maschinellen Gonzo-Sex herkömmlicher Hardcore-Unterhaltung eine weichgespülte Blümchen-Variante a la "Fifty Shades of Grey" entgegenzusetzen, sondern mit filmischen Mitteln und unverkrampft das Lustprinzip körperlicher Intimität zu zelebrieren. Um dabei den Phantasien ihres (nicht nur weiblichen) Publikums eine interaktive Plattform zu bieten, richtete die geschäftstüchtige Porno-Pionierin 2013 die XConfessions-Homepage ein, auf der Mitglieder ihre sexuellen Abenteuer oder Wunschträume 'beichten' können. Aus diesen persönlichen Beiträgen wählt die 37-Jährige monatlich je zwei aus, die sie mit ihrem überwiegend aus Frauen bestehenden Team sowie einem stetig wachsenden Stammensemble aus professionellen Sexdarstellern und experimentierfreudigen Pärchen in explizite Kurzfilme verwandelt. 

Episode 2: "Hunt Me, Catch Me, Eat Me"
Episode 2: "Hunt Me, Catch Me, Eat Me"
Erika Lust im Kreise ihres "Sadistic Trainer"-Ensembles aus "XConfessions Vol. 1"
Erika Lust im Kreise ihres "Sadistic Trainer"-Ensembles aus "XConfessions Vol. 1"

Die für den Heimkinogebrauch kompilierten "XConfessions" erscheinen hierzulande als Blu-ray-Premieren bei Intimatefilm und umfassen jeweils 10 Episoden. Während in Spanien demnächst bereits Volume 4 erscheint (siehe Trailer unten), ist bei uns seit Anfang April Volume 2 erhältlich, das zwar die "provokanten" homoerotischen Spitzen des ersten Teils vermissen lässt, aber in der Adaption gängiger Phantasien wie dem flotten Dreier ("We Know You Are Watching") oder Sex am Arbeitsplatz ("Meet Me in the Stockroom") eine schöne atmosphärische Bandbreite auf die Mattscheibe zaubert. Dass die situativen Nummerrevue-Clips nichts mit klassischen Männerporno-Episoden im Stile von "Guten Tag hübsche Frau, ich habe hier eine Pizza mit Extra-Salami für Sie..." zu tun haben, ist dem einfühlsamen Regiestil der Filmemacherin zu verdanken, der in einem 11-minütigen Bonus-Making-of zum Ausdruck kommt. Nachdem die chronisch gutgelaunte Mutter der Sexkompanie ihre Darsteller darauf eingeschworen hat, dass es ihr nicht nur um explizite Körperlichkeit, sondern vor allem auch um Intimität, Leidenschaft und Nähe geht, lässt sie ihren Akteuren beim Dreh freie Hand. Und wenn dabei neben dem männlichen Money-Shot auch ein unsimulierter weiblicher Orgasmus zustande kommt, wird das hinterher auch mal mit Applaus und High-Fives gefeiert. Dabei hält die Kamera nicht stoisch-lüstern drauf, sondern fängt das kopulierende Geschehen mit eleganten Schwenks und stetigen Perspektivwechseln in erotisch aufgeladenen Bildern ein. Schade, dass die FSK diesen künstlerischen Anspruch, der hinter der gezielten Stimulanz der "XConfessions"-Zuschauer schlummert, ignoriert und die leidenschaftlichen Kurzfilme der preisgekrönten Regisseurin selbst als 18er-Freigabe nur in entschärfter Form durchgewunken hat. Wen es nach der unverfälschten Frauenporno-Vision von Erika Lust gelüstet, muss im Erotikhandel nach der parallel veröffentlichten und knapp 30 Minuten längeren Hardcore-Version Ausschau halten. Wann es in Deutschland mit der "XConfessions"-Reihe weitergeht, erfährt man auf der Homepage von Intimatefilm

 

"XConfessions Vol. 2" (Originaltitel: "XConfessions Vol. 2") – Spanien, 2014 (101 Min.)