Besuch aus dem hohen Norden
Alter Schwede: Mit "6 Schwedinnen auf Ibiza" kommt das Blu-ray-Comeback der skandinavischen Spaßsexbomben aus dem Hause des Schweizer Erfolgsproduzenten Erwin C. Dietrich zu einem besonders schlüpfrigen Abschluss.
Als Ende der 1970er Jahre die Sexfilmwelle mit Erstarken der expliziten Blue-Movie-Produktionen abzuebben begann, ließ der Schweizer Kinomogul Erwin C. Dietrich ("Die Wildgänse kommen") noch
einmal seine humoristischen Sexploitation-Muskeln spielen. Offenbar inspiriert durch die Lisa-Film-Produktionen "3 Schwedinnen in Oberbayern" und "Hurra, die Schwedinnen sind da" stampfte er
vier Abenteuer mit den kontaktfreudigen Skandinavierinnen Kerstin, Greta, Selma, Lil, Inga und Astrid aus dem Boden, die jetzt von Ascot Elite in famos restaurierter HD-Bildqualität wiederveröffentlicht worden sind. Die wechselnden
Besetzungen rekrutierte Dietrich überwiegend aus der französischen Porno-Industrie, zu der er während seiner florierenden Zusammenarbeit mit Jess Franco ("Die Liebesbriefe einer
portugiesischen Nonne") enge Kontakte geknüpft hatte. Und damit es beim männlichen Stammpublikum zu keiner Verwirrung kommt, tragen die appetitlichen Schwedenhappen in allen Filmen T-Shirts
mit Namenaufdruck – wenn sie denn überhaupt etwas an haben.
Zum Auftakt erleben wir die sechs Schwedinnen beim Schulbankdrücken. Wie wir aus den Tagebucheintragungen ihrer französischen Mit-Internatsschülerin Marie-France erfahren, haben sie aber natürlich mit Büffeln nichts am Hut, sondern vernaschen lieber die örtliche Männerwelt. Auffallend bei diesem überraschend spielerisch inszeniertem Sexulk ist die Tatsache, dass hier das vermeintlich starke Geschlecht als Lustobjekt dargestellt wird. Dazu passt, dass Kerstin die "erste große Erfindung der Frauenbewegung" beisteuert und die Fahrräder der Damenriege mit einer Sattel-Dildo-Mechanik ausrüstet. Schwedinnen haben halt den Bogen raus! Zu den visuellen Highlights zählt eine minutenlange Zeitlupensequenz, in der die unbekleideten Darstellerinnen rund um die atemberaubende Brigitte Lahaie ihre Joggingrunde durch den Wald mit einer zünftigen Runde Bockspringen abrunden – schwelgerischer lässt sich Voyeurismus kaum in Szene setzen! Ein nostalgischer Nackedei-Gruß aus einer Filmära, als Schauspielerinnen noch so aussahen, wie Gott sie schuf.
Schweiz/Frankreich, 1979 (91 Min.)
In der (aus unerfindlichen Gründen noch immer indizierten) Fortsetzung betreiben unsere Schwedinnen in einem kleinen Örtchen der italienischen Schweiz eine Raststätte und helfen männlichen
Autofahrern nicht nur beim Tanken, sondern auch beim körperlichen Entspannen – sehr zum Ärgernis der heißen Gattin des Bürgermeisters (Jane Baker), die ihre Position als örtlicher
Männermagnet in Gefahr sieht. Der aufgrund seiner einfallslosen Nummernrevue-Struktur schwächste "Schwedinnen"-Film hat als Augenfutter zwar erneut Brigitte Lahaie als Greta im Angebot,
mogelt sich aber bis zur bewährten (und hier noch längeren!) Zeitlupen-Joggingszene mit nur fünf Grazien durch. Einen pfiffigen inszenatorischen Moment gibt es, wenn Kerstin
(France Lomay) beim Fernsehgucken auf die Sendung "Eine liebe Überraschung für die Hausfrau" stößt und in körperlicher Interaktion mit dem TV-Gerät erotische Akrobatik mit dem
Moderatoren auf der Mattscheibe hat. Da behaupte noch mal einer, Sexklamotten haben mit surrealistischer Filmkunst nichts zu tun!
Schweiz, 1980 (84 Min.)
Schlidderten die beiden Vorgängerfilme bereits schamhaarscharf an der Softcore-Grenze entlang, ließ es Dietrich bei der Inselreise seiner sechs Schwedinnen richtig krachen. Nachdem er bei den
beiden ersten Teilen unter seinem Stammpseudonym Michael Thomas selber Regie geführt hatte, überließ er die Inszenierung diesmal Gérard Loubeau. Von der schlichten Story, in der unsere
urlaubenden Nacktschnecken ihre Reisebörse verlieren und auf Ibiza unterschiedliche Jobs annehmen müssen, drehte der französische Pornofilmer auch prompt eine (neun Minuten kürzere)
Hardcore-Fassung, die als exklusiver Bonus auf der Blu-ray enthalten ist. Doch auch die "Soft-Variante" ist speziell im Bereich zwischenfraulicher Zuneigung derart explizit, dass man sich schon
fragen muss, ob die FSK-Prüfer Tomaten auf den Augen hatten. Da Loubeaus volle Konzentration dem Filmen von Sexszenen vor idyllischer Urlaubskulisse galt, kommt der Humor in diesem
"Schwedinnen"-Spektakel etwas kurz. Man(n) kann halt nicht alles haben.
Schweiz, 1981 (90 Min.)
Eine schlüpfrige Synthese aus Humor und expliziten Sexdarstellungen stellt der letzte "Schwedinnen"-Film dar, für den Dietrich ein letztes Mal im Regiestuhl Platz nahm und der jetzt für das
Re-Release erstmals als integrale Langfassung vorliegt (die fünf Minuten kürzere Softcore-Version in Komplett-HD ist als exklusiver Blu-ray-Bonus enthalten). Im Film werden unsere
sechs Grazien zur Testamentseröffnung von Graf Lingus von und zu Klit und Oris (!!!) bestellt und legen einen Kurzurlaub in den Schweizer Alpen ein. Dort kommen sie beim Bergsenn unter,
der seinen knuffigen Bernhardiner losschickt, um angesichts der weiblichen Übermacht im Dorf Beistand anzufordern. Kurzweil entsteht dadurch, dass die erwählten Mannsbilder zunächst von den
versprochenen Schwedinnen lustphantasieren. Und da kann's schon mal passieren, dass im Überschwang an einer vermoosten Astgabel genuckelt wird. Auch wenn Brigitte Lahaie auf dem Kinoposter
prangt, ist sie nicht in "Schwedinnen"-Action zu sehen, sondern taucht nur in einer Flashback-Sequenz auf, die der Dietrich-Produktion "Julchen & Jettchen" entstammt.
Bundesrepublik Deutschland, 1983 (90 Min.)
Neben Bildergalerien und zusätzlichen ROM-Inhalten findet sich in den Blu-ray-Extras von "...Pensionat", "...Tankstelle" und "...Alm" das 29-minütige Featurette "Felix Baumgartner, Filmkameramann", in dem Dietrichs Stamm-Partner in Crime ihre langjährige Zusammenarbeit Revue passieren lässt und bezüglich der großen Bandbreite ihrer gemeinsamen Projekte diesen denkwürdigen Satz zum Besten gibt: "Ob ein Helikopter landet und sechs nackte Schwedinnen rausspringen oder Lee Van Cleef macht keinen Unterschied."
PS: Ob im Zuge dieser Collection auch noch der 1982 im Kino gelaufene "6 Schwedinnen hinter Gittern" einer DVD-Auswertung zuteil wird, steht noch in den Sternen – zumal es sich dabei um kein echtes "Schwedinnen"-Spektakel, sondern einen umgeschnittenen US-Porno namens "Ballgame" von 1980 handelt.