Die Rückkehr der heißesten Ulknudel aller Zeiten
Klimbim in HD: Mit "Die Bett-Hostessen" kommt die Blu-ray-Neuauflageserie mit den schlüpfrigen Zusammenarbeiten der bundesdeutschen Erotik-Ikone und des Schweizer Erotikfilmmoguls Erwin C. Dietrich zu einem lohnenswerten Abschluss.
Bevor Ingrid Steeger Mitte der 70er Jahre mit der Kult-Comedy-Show "Klimbim" zum gefeierten Fernsehstar und zur Ulknudel der Nation aufstieg, trug die gebürtige Berlinerin ihre
(nackte) Haut in zahlreichen deutschsprachigen Sexklamotten zu Markte. Acht davon gehen auf das Konto von Erwin C. Dietrich, der für sich in Anspruch nimmt, die Steeger "entdeckt" zu haben.
Tatsächlich war der Schweizer Erfolgs- und Exploitationproduzent der erste, der dem damaligen Fotomodel Schauspieltalent attestierte und ihr 1970 gleich im ersten gemeinsamen
Film "Ich – Ein Groupie" die Hauptrolle anvertraute. Mit ihrer (abgesehen von der 1978 für den italienischen Markt produzieren Komödie "Adolescenza morbosa") letzten gemeinsamen
Kollaboration hat das Label Ascot Elite jetzt die
Blu-ray-Neuveröffentlichung ihrer bereits mehrfach auf DVD ausgewerteten "Ingrid Steeger Collection" abgeschlossen. Besonderes Schmankerl: Im neu produzierten Bonusmaterial von "Die
Bett-Hostessen" kommt die Steeger ausführlich selbst zu Wort. Wer sich den unbeschwerten Spaß an ihren humorigen Softcore-Eskapaden nicht verderben will, sollte das 39-minütige Interview mit der
heute 68-Jährigen indes erst nach dem Genuss ihrer gesammelten "Collection"-Auftritte anschauen. Ohne Abrechnungsallüren aber ernüchternd ehrlich macht die mittlerweile wieder häufig im
Theater zu sehende Schauspielerin deutlich, dass ihr damaliger Aufstieg zum Sexsymbol tränenreich und fremdbestimmt war. Nach einer von Herzlosigkeit und Missbrauch
geprägten Kindheit hat die junge Steeger "früh gelernt, dass mein Körper nicht mir gehört. Ich habe das nicht aus Lust und Freude gemacht. Mir war mein Körper egal. Das hat sich bis 'Klimbim'
hingezogen – ich habe alles getan, was mir gesagt wurde." Steegers Retro-Filmbild der lebenslustigen Verführerin entpuppt sich damit als die hübsche Fassade einer tragischen
Schauspielkarriere, die aber unbestritten zu den Sternstunden der Erotikfilm-Ära gehört. So gut sah das deutschsprachige Kino nämlich nie wieder aus!
Die Filme der "New Ingrid Steeger Collection"
"Die Bett-Hostessen" – Schweiz, 1973 (79 Min.)
Ein Fensterputzer plaudert für einen nach neuem Material suchenden Filmproduzenten (Erwin C. Dietrich in einem Cameo) aus dem Nähkästchen seiner beruflichen Beobachtungen. Ingrid Steeger ist gleich in der ersten Episode zu sehen, die als Hostess des Zürcher Sechs-Tage-Rennens bei der Betreuung eines italienischen Spitzenfahrers vollen Körpereinsatz zeigt: "Ich helfe Dir beim Relaxen, denn gleich musst Du knallhart sein." Neben dem oben erwähnten Steeger-Interview bietet die Blu-ray des damals mit dem subtilen Herrenwitz-Claim "Junge Mädchen - gut zu Vögeln" beworbenen Episodenfilms auch noch das 13-minütige Interview-Feature "Ingrid Steeger - Die Schweizer Jahre", in dem sich die einstige Sexfilmikone beim Revuepassieren ihrer Erwin-C.-Dietrich-Produktionen überrascht über das heutige Kult-Interesse an ihren Jugendsünden zeigt: "Hätte ich nie gedacht, dass man nach so vielen Jahren noch über diese Filme spricht."
"Blutjunge Verführerinnen 3. Teil" (Alternativtitel: "Die Blonde mit dem süßen Po") – Schweiz, 1972 (86 Min.)
Zum Abschluss der erfolgreichen "Verführerinnen"-Trilogie steht Ingrid Steeger im Zentrum des schlüpfrigen Geschehens. In der Rahmenhandlung des Episodenreigens spielt sie die ausgebüchste Internatsschülerin Babsi, die als quasselstrippige Anhalterin ihren brünftigen Fahrer Scheherazade-gleich mit Bettabenteuern ihrer Mitschülerinnen bei Laune hält. In der letzten und längsten Episode macht sich Babsi selbst zum Thema und berichtet von ihrer Arbeit als Aktmodel mit phantasieanregender Wirkung auf notgeile Kunststudenten sowie von einem aus dem Ruder laufenden Schäferstündchen, das in der vom paranoiden Liebhaber erzwungenen Verführung eines Försters gipfelt. O-Ton des dickbäuchigen Waidmanns: "Du bist wirklich ein appetitliches Häppchen!" Wer könnte da widersprechen?
"Blutjunge Verführerinnen Teil 2" (Alternativtitel: "Sex und noch nicht 16") – Schweiz, 1972 (82 Min.)
Ein Drehbuchautor diktiert seiner studentischen Hilfskraft (Rena Bergen) zusammenphantasierte Bettgeschichten junger Mädchen in die Maschine. In der letzten Story ist Ingrid Steeger mit
Wuschelperrücke als Au-pair-Mädchen Marie zu sehen, die zunächst einen Striptease mit anschließendem Go-Go-Ausdruckstanz hinlegt und danach ihre gesamte Pariser Gastfamilie vernascht – vom
verzückten Vater ("Mmmh, Filet Mignon mit zartem jungen Frühlingsgemüse!"), über die willige Mutter und den frühreifen Sohnemann bis hin zur Haus-Dogge Othello, was gottseidank nur angedeutet
wird. Auch in Dietrichs Sexploitation-Factory gab es schließlich Grenzen!
"Blutjunge Verführerinnen" – Schweiz/BRD, 1971 (77 Min.)
In Reaktion auf den Kassenerfolg der "Schulmädchen-Report"-Filme brachte Erwin C. Dietrich seine eigene Episoden-Lustspielreihe an den Start. Im ersten Teil der Trilogie, der von einer
gleichnamigen Serie in der Illustrierten "Wochenend" inspiriert war, werden wir Zeuge einer Redaktionskonferenz der fiktiven Zeitschrift "Constanze", in der für eine neue Erotikreihe über
das sexuelle Treiben der durchtriebenen weiblichen Jugend von den anwesenden Schreiberlingen schockierende Intimreporte zum Besten gegeben werden. Die damals 24-jährige Steeger ist in der
vierten Episode als süße Schülerin namens Susanne zu sehen, die ihre lesbische Klavierlehrerin vernascht und danach ein erpresserisches Druckmittel in der Hand hat, um nicht mehr proben zu
müssen. Wie heißt es im "Lexikon des deutschen Erotikfilms" zu diesem Film so schön: "Diese Mädchen haben es faustdick zwischen Schenkeln!"
"Die Sex-Abenteuer der drei Musketiere" – BRD, 1971 (81 Min.)
In der verhältnismäßig aufwändigen Lustspiel-Adaption des Abenteuerromans von Alexandre Dumas verkörpert Ingrid Steeger die holde Dienstmagd Yvonne, die den jungen D'Artagnan (Peter Graf) in der ersten Filmhälfte wiederholt in die Hohe Kunst der körperlichen Liebe einführt, nachdem in eine reifere Matrone des fahrenden Volkes zum Mann gemacht hat. Dabei kommt es nicht nur zu einem der denkwürdigsten Dialoge der Erotikfilm-Geschichte ("Eine Zigeunerin hat meine Schleuder kaputt gemacht." "Komm, ich mach sie Dir wieder heil."), sondern auch zu einigen packenden Sexszenen im Maisfeld, in denen die nackte Steeger beim Liebesspiel aus subjektiver Kamera gefilmt wurde. Als neues Bonusmaterial bietet die Blu-ray den Film als italienischen Fotoroman und ein sehr unterhaltsames Interview mit Dietrich-Stammschauspieler Raphael Britten, der bei den "Sex-Abenteuern" nur kurz als lüsterner Kardinal zu sehen ist und im Gespräch mit seinem Entdecker das gemeinsame Œuvre Revue passieren lässt.
"Die Stewardessen" – Schweiz, 1971 (84 Min.)
Eingeläutet von einem grandiosen Easy-Listening-Big-Band-Thema des Dietrich Stammkomponisten Walter Baumgartner entfaltet sich der vielleicht beste Episodenfilm im Dietrichschen Softsex-Katalog.
In vier miteinander verknüpften Intermezzi begleitet der Zuschauer paarungswillige Stewardessen an beliebte europäische Reiseziele. Die prickelndste Episode spielt in Kopenhagen,
wo Flugbegleiterin Evelyn (Evelyne Traeger) in der Swinger-WG ihrer Kollegin unterkommt und dort nicht nur zwei muskulöse Einheimische, sondern auch eine badende Venus (Ingrid Steeger) antrifft.
Obwohl hier in einer Szene explizite Pornofilmszenen auf eine Leinwand projiziert werden, stiehlt Steeger die erotische Schau, wenn sie in einer Liebeschaukel sitzend auf die subjektive
Kamera zuschwingt. Gleiches gilt für die Endsequenz, in der sich das ganze Treiben als Filmvorführung entpuppt und ein heimkehrender Kinogänger die auf einem Treppenaufgang strippende Ingrid
herbei phantasiert. Dieser Lüstling wurde gespielt von Andreas Mannkopff, der sich in einem 25-minütigen Interview-Feature in wunderbarer "frei Schnauze"-Manier an seine turbulente Zeit in der
Dietrich-Factory erinnert. Dass "Die Stewardessen" damals die Spitzenposition des US-Boxoffice erreichten und Swiss Air 40 Plakate für ihre Ausbildungszentrum orderte, nachdem es der
Werbeclaim "Sie fliegen durch die Lüfte, Vögeln gleich" in den HohlSPIEGEL geschafft hatte, erfährt man jedoch im Bonus-Interview der "Musketiere"-Blu-ray.
"Ich – Ein Groupie" (Alternativtitel: "Das Mädchen mit dem Einwegticket") – Schweiz/BRD, 1970 (78 Min.)
Das Hauptrollendebüt der Steeger ist mit Abstand auch der sehenswerteste Film der "Collection". Die damals 23-Jährige überzeugt als unschuldiger Backfisch Vicky, die sich in London
unsterblich in den Sänger Stuart verliebt, ihrem auf Tournee verschwundenen Schwarm hinterherreist und auf ihrem Sehnsuchtstrip durch Europa als frivoler Junkie endet. Entstanden ist ein
ernsthaftes Exploitation-Zeitdokument über eine Jugendkultur zwischen Drogen, Beat Musik und freier Liebe, das auf der HD-Neuveröffentlichung erstmals auch in der italienischen Langfassung
enthalten ist. Eine 21 Minuten längere Version, die erzählerisch zu bevorzugen ist, im finalen Drogenrausch aber den bizarren Splatterschlussakkord der deutschen Fassung ausspart. Neben dem auch
auf der "Stewardessen"-Blu-ray enthaltenen Mannkopff-Interview kommen in weiteren Extras Nachtclub-Legende Rolf Eden, der sich im Film selbst spielt und bei dem die Steeger vor ihrer
Filmkarriere als Go-Go-Tänzerin gearbeit hat, sowie Dietrich und sein Stammkameramann Peter Baumgartner zu Wort. In ihrem spannenden Bonusfeature "Memories of a Groupie" schildert das
Traumgespann unter anderem, wie der ursprünglich von Roger Corman co-produzierte Film auch inszenatorisch ins Aufgabenfeld von Dietrich fiel, nachdem Corman-Regisseur Jack Hill wegen
alkoholbedingter Unprofessionalität vom Set verbannt werden musste. Damals war halt noch richtig was los!
"Der lüsterne Türke" (Alternativtitel: "Die blonde Sex-Sklavin", "Die blonde Haremsdame") – BRD, 1971
Möglicherweise aus Pietätsgründen wurde (bislang) auf eine HD-Auswertung dieser deftigen Sexklamauk-Variante des 1828 veröffentlichten Briefromans "The Lustful Turk, or Lascivious Scenes
from a Harem" verzichtet. Steeger spielt darin die englische Edelfrau Eliza, die von Piraten entführt und dem Bey von Algier zum Haremsgeschenk gemacht wird. Und da zur Zähmung der
widerspenstigen Schönen auch eifrig Fesseln und Peitschen zum Einsatz kommen, bleibt einem bei diesem "Women in Prison"-Schwank aus 1001 Nacht auch gerne mal das Lachen im Halse stecken.
Sexploitation in Reinkultur!