Ich will Dich, Giulia

Das wahrhaftige Superweib

Bella Italia: Zum 57. Geburtstag von Serena Grandi am 23. März lohnt der Blick auf die DVD-Premiere von Andrea Barzinis Softsex-Klassiker, in dem Italiens Erotik-Ikone der 80er Jahre in ihrer Paraderolle als kurvige Femme fatale glänzt.

Unterlegt von einem schön schwülstigen 80er-Jahre-Saxofon-Score lernen wir den römischen Schriftsteller Emilio (Johan Leysen) kennen, der mit seiner Schwester im renovierungsbedürftigen Palazzo seiner Familie lebt und als Ghostwriter arbeiten muss. In elegant eingewobenen Flashbacks erinnert sich der verarmte Adlige an das sexuelle Abenteuer mit einer geheimnisvollen Frau (Serena Grandi mit großem Diva-Auftritt in Pelzrobe), von der er sich im Kostümfundus eines Theaters zu einem leidenschaftlichen Quickie verführen ließ. Zufällig findet Emilio heraus, dass es sich bei seinem unvergesslichen One-Night-Stand um das Fotomodel Giulia handelt. Unser hormongesteuerter Held beginnt, seiner Traumfrau den Hof zu machen und schlägt Warnungen seines Umfelds in den Wind: "Mit solchen Frauen ist es wie im Supermarkt. Du kriegst alles, aber dann stehst Du an der Kasse. Wenn Du Dich in so eine Frau verliebst, bist Du verloren." Tatsächlich lässt sich Giulia die körperlichen Avancen ihres neuen Verehrers sehr gerne gefallen, sieht aber nicht ein, warum sie zugunsten einer monogamen Liebesbeziehung auf andere Abenteuer verzichten soll. Anstatt sich um seine depressive Schwester zu kümmern, steigert sich Emilio in eine krankhafte Eifersucht hinein, die von der angenervten Giulia in einer höchst erotisch inszenierten und langsam eskalierenden Ménage-à-trois-Provokation auf die letztendlich tragisch endende Spitze getrieben wird.

Mit "Ich will Dich, Giulia" ist Regisseur Andrea Barzini ein beachtliches Kinodebüt gelungen, das als Hochglanzstudie in Sachen Begierde männliches Besitzdenken und selbstbestimmte weibliche Sexualität aufeinanderprallen lässt – und dessen Retro-Softporno-Ästhetik weitaus mehr knisternde Erotik verströhmt als die Blümchen-S/M-Phantasien in "Fifty Shades of Grey". Hauptanteil daran hat natürlich Serena Grandi, deren üppige Reize von Barzinis Kamera schwelgerisch in Szene gesetzt werden und der es in ihrer zweiten Hauptrolle spielerisch gelingt, aufreizende Schamlosigkeit als selbstbewusste Charakterstärke zu verkaufen. Wie bei den bisherigen Veröffentlichungen seiner fabelhaften Sexploitation-Klassiker-Reihe verzichtet das Label Donau Film leider auch hier auf begleitendes Bonusmaterial, was im Hinblick auf Italiens einstiges Erotik-It-Girl doppelt schade ist. Eine kleine bebilderte Vita über die in Bologna geborene und heute noch schauspielerisch aktive Grandi, der nach ersten markanten Nebenrollen (u. a. als Kannibalenfutter in Joe D'Amatos "Der Menschenfresser") 1985 unter der Regie von Kurvenexperte Tinto Brass in "Miranda - Die Wirtin vom Po" der Aufstieg in den italienischen Softcore-Olymp gelang, wäre ohne Zweifel eine stimulierende Ergänzung gewesen. 

 

"Ich will Dich, Giulia" (Originaltitel: "Desiderando Giulia") – Italien, 1986 (88 Min.)